Der Kaiser-Josef-Platz soll umgestaltet werden…
Darüber dürften sich alle Parteien einig sein. Höchst unterschiedlich sind aber die Wünsche und Vorstellungen. Kaiser Josef der Zweite wurde berühmt, weil er die Leibeigenschaft der Bauern aufhob und bereits 1781 die Religionsfreiheit erlaubte. Er gilt als Reformer und Modernisierer mit Hang zur Kreativität (Stichwort "Sparsarg"). Hoffentlich dreht er sich wegen der rückschrittlichen Vorschläge zu „seinem Kaiser-Josef-Platz“ demnächst nicht im Grab um.
Vorher kurz erklärt, warum die Busdrehscheibe am Kaiser-Josef-Platz ("KJ") ist:
Die "Wurstinsel" als Busdrehscheibe stammt noch aus Zeiten, als der Bus alle 30 Minuten, später alle 20 Minuten fuhr, die Buslinien keine Durchmesserlinien waren und man dort heisse Würstel bei einem Kiosk essen konnte. Der Lichtenegg-Bus wendete am KJ und fuhr immer die Lichtenegg-Linie und die Busse kamen nacheinander irgendwann an. Die Busse fuhren zu selten, galten als langsam und die Benutzung war unattraktiv. Dass aus der Haltestelle eine Umsteig-DREHSCHEIBE wurde oder dort blieb, hatte die Ursachen, weil die Autozulassungen rasant stiegen, beim Bahnhof wurde der Platz für einen Pendlerparkplatz gebraucht, am KJ wurden die Oberflächenparkplätze zuwenig (DESHALB wurde ja die Tiefgarage gebaut), die Garage reduzierte die Parknot und es wurde Platz frei für eine größere Bushaltestelle.
Bitte bloß keinen Rückschritt
Wenden wir nun das alte System auf die heutigen 12 Linien an (als träfen die Busse alle 20 Minuten und nacheinander ein, also alle 100 Sekunden einer der Busse). Dann käme es zu einer Wartezeit zum Umsteigen bis zu achtzehneinhalb Minuten bis zum nächsten Bus der richtigen Weiterfahr-Linie. Das war damals beim 30-Minuten-Abstand schon sehr unattraktiv und wäre es erst recht heute, das war einer der Gründe, warum damals der Linienbus nicht angenommen wurde. Zwei Errungenschaften verkürzten die Fahrzeiten wesentlich: Einerseits die Durchmesser-Linien (beispielsweise die Lichtenegg-Linie fährt via Bahnhof in die Neustadt weiter) und der Brauch, dass alle Busse zusammenwarten und gleichzeitig wegfahren. Dadurch werden die Wartezeiten minimiert und somit die Gesamtfahrzeiten der Fahrgäste wesentlich verkürzt. Das Aufzugeben wäre ein gewaltiger Rückschritt.
Damals wie heute wurde/wird ins Blitzblaue geplant.
Im Marketing orientiert man sich, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Dementsprechend sollte man in der VerkehrsPLANUNG herausfinden, welche Bedürfnisse an Mobilitätsdienstleistungen die Kunden (AutofahrerInnen, BusfahrerInnen, RadfahrerInnen, FußgeherInnen) haben. Das herauszufinden war in Wels nie ein Thema. Es wurde nie untersucht, welche Pendler/BusbenutzerInnen zu welcher Zeit wohin fahren wollen. Fahren mehr aus Lichtenegg zum Bahnhof oder mehr aus der Pernau? Ist das Industriegelände das Hauptziel oder das Krankenhaus (als größter Arbeitgeber von Wels)? Kommen mehr Einpendler aus dem Raum Krenglbach-Grieskirchen-Scharten-Eferding oder aus dem Raum Gunskirchen-Lambach; wo sollte ein Park&Ride-Parkplatz am Stadtrand hin?
Wäre eine Park&Ride-Tiefgarage unter der Boschstraße sinnvoll, um mehr Platz im Industriegelände zu schaffen? Dazu gehört eigentlich regelmäßig eine Verkehrsuntersuchung mit Befragung aller Welserinnen und Welser und aller in Wels Arbeitenden gemacht. Dann wüsste man, wie der Öffentliche Verkehr und die Parkplätze zu organisieren wären. Brauchen wir eine Ringlinie, die die größten Arbeitgeber anfährt (Einkaufszentren, Reform-Werk, Krankenhaus, Industriegelände) oder zu welchen Zeiten brauchen wir einen Citybus,der die Parkhäuser mit der Innenstadt verbindet? Man merkt, der jetzige Verkehrsstadtrat (FPÖ) ist mit der Verkehrsplanung schlichtweg überfordert. Im Verkehrsausschuss sind alle Fraktionen im Verhältnis ihrer Mandatsstärke vertreten und anscheinend auch zuwenig kompetent. Die Mehrheit aus SP + FP + VP hatte in den letzten 3 x 6 Jahren nichts für den Linienverkehr übrig. Warum fordern diese Uraltparteien (erst) jetzt eine Verbesserung? Auch beim Radverkehr wurde zuwenig verbessert, der Anteil der RadlerInnen sank von ehedem 7% auf vergleichsweise schlechte 2%.